26. Februar 2025: Es ist das Wahlsystem, stupid!
Februar 26, 2025 | by f0goet01@gmail.com

Gestern hat das House, das Repräsentantenhaus in den USA, mit sehr knapper Mehrheit den Haushalt zusammen mit anderen Gesetzen auf den Weg gebracht. Für viele war es überraschend, dass das überhaupt geklappt hat, und dann auch noch im ersten Anlauf. Jetzt muss nur noch der Senat zustimmen. Da es sich um ein spezielles Verfahren handelt, genannt Budget Reconciliation, reicht eine einfache Mehrheit aus, anstatt der im Senat üblichen 60 Prozent. Das werden die Republikaner bestimmt hinbekommen.
Aber die Frage ist: Warum gibt es keinen Widerstand gegen Trump in der Partei, vor allem von den Abgeordneten, die ihre Wahl nur sehr knapp gewonnen haben oder sogar aus einem demokratisch geprägten Wahlkreis stammen? Davon gibt es etwa 30. Doch Trump hat großen Einfluss auf sie, und das liegt am Wahlsystem.
In den USA gibt es Vorwahlen, in denen die Kandidaten einer Partei bestimmt werden. Bei den Republikanern dürfen nur registrierte Parteimitglieder daran teilnehmen. Und unter diesen Wählern hat Trump das Sagen. Das bedeutet: Wenn ein Abgeordneter Trump nicht mehr unterstützt, hat er oder sie kaum eine Chance, die Vorwahl zu gewinnen. Am Ende könnte ein von Trump unterstützter Kandidat in der Hauptwahl scheitern, aber das ist Trump egal.
Für Republikaner aus knappen Wahlkreisen bedeutet das: Sie haben die Wahl zwischen einer Niederlage in der Vorwahl oder einer Niederlage in der Hauptwahl. Kurzfristig ist es für sie oft besser, sich Trump anzupassen und darauf zu hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler in der Hauptwahl ihr Verhalten vergessen.
Das funktioniert allerdings nur, weil sich alle anderen ebenfalls anpassen. Gäbe es einen koordinierten Aufstand in der Partei, könnte Trump entmachtet werden. In den Wirtschaftswissenschaften nennt man dieses Phänomen ein kollektives Aktionsproblem, das am besten durch das Gefangenendilemma beschrieben wird, eine Situation, in der das rationale Verhalten einzelner Akteure zur Verhinderung einer möglichen Kooperation führt. Genau das kritisiert auch die Senatorin von Alaska, eine der wenigen verbliebenen innerparteilichen Kritikerinnen.
Allerdings hat sie den Vorteil, unabhängig von Trumps Drohungen agieren zu können. Denn Alaska gehört zu den wenigen Bundesstaaten, die ihr Wahlverfahren geändert haben. Vor einigen Jahren wurde dort das Ranked-Choice-System eingeführt. Das macht die traditionellen Vorwahlen de facto überflüssig, auch wenn sie weiterhin durchgeführt werden. Tatsächlich hatte die Senatorin die republikanische Vorwahl verloren, konnte aber dennoch in der Hauptwahl antreten und hat dann auch gewonnen. Dadurch ist sie von Trumps Einfluss unabhängig. Der einzige andere Bundesstaat mit demselben Wahlsystem ist Maine, und von dort kommt die zweite und letzte parteiinterne Rebellin im Senat.
Kurz gesagt: Es ist das besondere Wahlsystem in den USA, das Trump diese außergewöhnliche Macht verleiht, insbesondere die Kombination aus Vorwahlen und Gerrymandering, die gezielte Veränderung von Wahlkreisgrenzen, um einer Partei Vorteile zu verschaffen. Es ist das Wahlsystem, stupid!
Daran wird sich leider kurz- oder mittelfristig nichts ändern. Aber vielleicht gibt es, wenn dieser ganze Spuk vorbei ist, mehr Bereitschaft, das Wahlsystem zu reformieren; weg von den Vorwahlen, hin zu einem Ranked-Choice-Voting-System. Wir werden es sehen.
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